Insbesondere das 19. Jahrhundert ist von verschiedensten Positionen geprägt. Nach dem Barock gibt es keine allumfassende Stilepochen mehr, dennoch lassen sich wesentliche Stilrichtungen festhalten. (Übersicht und Hinweise zur gesamten Beitragsreihe: Geschichte der Malerei)

Klassizismus (1780 bis 1830)

Im Klassizismus verfolgten die Künstler nach dem verschnörkelten und unnatürlich wirkenden Rokoko wieder das Ideal der Antike, was durch Forschung der Geschichte und Ausgrabungen von Pompeji und Herculaneum vorangetrieben wurde (Begründer der wissenschaftlichen Archäologe Johann Joachim Winckelmann, 1717-1768). Das Rationale überwiegt den emotional-sinnlichen Genuss, der im Barock und Rokoko vorherrschte. Klassizistische Malerei findet vorwiegend in Deutschland und intensiv in Frankreich statt, wo im Barock das antike Vorbild seit der Renaissance dominierte.

Form: Einfache und übersichtliche Kompositionen, die stark am Bildrand ausgerichtet sind, wenige aber klar gegliederte Raumelemente, Verzicht auf dekorative Schnörkel, auffallende Gebärdensprache der Figuren, Betonung der Linie  durch z.B. harte Umrisslinien, klare Farbgebung, wobei die Form dominiert

Inhalt: Politische und belehrende Themen oft in Metaphern der römischen Mythologie (Zeitgeist der französischen Revolution), ab der Zeit Napoleons vorwiegend heroisierende Portraitmalerei, Schlachtenportraits, aber auch Landschafts- und Aktbilder

Technik: Erweiterung der bestehenden Möglichkeiten durch die Lithografie

Vertreter: In Deutschland Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829, Freund Goethes); In Frankreich Jacques Louis David (1748-1825, an der franz. Revolution beteiligt), Jean Auguste Dominique Ingres (1780-1876, Schüler Davids); In der Schweiz Angelika Kaufmann (1741-1807, Mythologisches und Portraitmalerei), Johann Heinrich Füssli (1741-1825)

Der Schwur der Horatier (Jacques-Louis David)

Death of Marat by David.jpg

Jean Auguste Dominique Ingres - The Spring - Google Art Project 2.jpg

Jean-Auguste-Dominique Ingres - La Baigneuse Valpinçon.jpg

Angelica Kauffmann 008.jpg

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein 007.jpg

Der Schwur der Horatier,
1784
David
Der Tod des Marat,
1793
David
Die Quelle,
1856
Ingres
Die Badende von
Valpincon,
1808
Ingres
Venus überredet Helena Paris zu
erhören,
1790
Kauffmann
Goethe in der Campagna,
1787
Tischbein

Romantik (1800 bis 1840)

Die Romantik war eine von der Philosophie und Dichtung ausgehende Gegenbewegung zu einer verstandesbetonten Aufklärung. Die Geisteshaltung breitete sich besondere in England und Deutschland aus. In der Kunst richtete sie sich gegen den Klassizismus und wandte sich dem Mittelalters zu. Die Künstler interessierten sich für das Emotionale, die Sehnsucht, das Phantastische, das Märchenhafte, die Ewigkeit, die tiefe Religiösität, das innige Naturerlebnis, das Fremdartige sowie die Werte der eigenen Heimat. Sie malen nicht nur die äussere sondern auch ihre innere Welt. Es wurde ein individuelles und inniges Gefühl gesucht.

Form: Stimmungsvolle Atmosphären, teils Unterstützung des symbolischen Gehaltes durch Ornamentales und symmetrische Komposition

Inhalt: Natur- und Landschaftsbilder (Dämmerung, Mondschein, Blick in die Ferne, Einsamkeit), Stadtidyllen, volkstümliche Themen

Technik: Erweiterung der bestehenden Möglichkeiten durch den Stahlstich 

Vertreter: In Deutschland Caspar David Friedrich (1774-1840), Philipp Otto Runge (1777-1810), die Nazarener auch Lukasbrüder genannt; In Frankreich Eugène Delacroix (1799-1863),Théodore Géricault (1791-1824, Frühwerk noch Klassizismus) ; Früher Vertreter in England William Turner (1775-1851, Schiffe, Wasser, Vorläufer des Impressionismus unter anderem durch seine schnelle Arbeitsweise und den momentgeprägten Motiven), John Constable (1776-1837), später die Präraffaeliten

Caspar David Friedrich - Der Mönch am Meer - Google Art Project.jpg

Caspar David Friedrich's Chalk Cliffs on Rügen.jpg

Eugène Delacroix - La liberté guidant le peuple.jpg

JEAN LOUIS THÉODORE GÉRICAULT - La Balsa de la Medusa (Museo del Louvre, 1818-19).jpg

Joseph Mallord William Turner, English - The Burning of the Houses of Lords and Commons, October 16, 1834 - Google Art Project.jpg

Mönch am Meer,
1808-09
Friedrich
Kreidefelsen auf
Rügen
,
1818
Friedrich
Die Freiheit führt das Volk,
1833
Delacroix
Das Floss der Medusa,
1817-21
Géricault
Brand des house of parlament,
1834-35
Turner

Realismus (1830 bis 1880)

Der Realismus war eine Gegenbewegung zur Romantik und suchte nach dem tatsächlich Vorhandenen (Bekanntgabe der Fotografie 1839). Sie wies die stilisierten und idealisierten Darstellungen ab. Die Wahl des Motivs war wichtiger als seine Darstellung. Das Schöne und Wahre wurde in einfachen und banalen Motiven des Alltags gesucht, was in einer realistischen Art wiedergegeben wurde. Somit stiessen die Realisten bei konservativen Kunstkritiker und beim bürgerlichen Publikum auf grosse Ablehnung. Diese erwartete von der Kunst durch Idealisierung eine Aufwertung des Lebens. Somit emanzipierten sich die Künstler und begannen an dieser Stelle ohne Rücksichtnahme auf Kunstkritiker und Publikum zu arbeiten.

Form: realistische und schonungslose Darstellung

Inhalt: Alltag, arbeitende Menschen (Anteilnahme an den sozial Schwachen), Industrie, Portrait

Vertreter: In Frankreich Jean-François Millet (1814-1875, oft der Erde zugewandte Bauern), Gustave Courbet (1819-1877, Autodidakt, überwindet die glatte Bildoberfläche durch gelegentlich reliefartige Farbspuren mit Spachteln und Kratzen), Honoré Daumier (1808-1879), Camille Corot (1796-1875, Schule von Barbizon); In Deutschland Adolph Menzel (1815-1905), Wilhelm Leibl (1844-1900); In der Schweiz Albert Anker (1831-1910), Rudolf Koller (1828-1905), Robert Zünd (1828-1909)

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Gustave Courbet 014.jpg

Anker Seifenbläser 1873.jpg

Adolph Menzel - Eisenwalzwerk - Google Art Project.jpg

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Die Steinklopfer,
1849
Courbet
Die Kornsieberin,
1855
Courbet
Der Seifenbläser,
1873
Anker
Das Eisenwalzwerk,
1872-75
Menzel
Die Ährenleserinnen,
1857
Millet
 

Impressionismus und Spätimpressionismus (1860-1890)

Die Impressionisten (franz. "Impression" = Eindruck) interessierten sich nicht sonderlich für soziale oder politische Aussagen. Ihr Interesse galt der äusseren Erscheinung einer alltäglichen Umgebung, insbesondere eines flüchtigen Augenblicks. Insofern ist der Impressionismus eine naturalistische Malerei, da die Künstler nach der Natur malten. Das Augenmerk lag auf der Impression flüchtiger Effekte. Darum arbeiteten die Maler hauptsächlich in der freien Natur (Plainair-/Freilichtmalerei). Da der kurze Moment einer Erscheinung eingefangen werden wollte, verzichteten sie auf eine Vorzeichnung oder aufwändige Konstruktionshilfe wie die Linearperspektive. Es wurde mit schnellen Pinselstrichen gearbeitet und die Farbe auf der Leinwand gemischt. Die Aufmerksamkeit verschob sich vom Gegenstand selbst (Was) auf die malerische Behandlung des Gegenstandes (Wie), was als Vorarbeit der modernen Malerei verstanden werden kann. Viele moderne Stilrichtungen finden somit insbesondere im Spätimpressionismus ihren Ursprung.

Form: Oft kommaartige Farbtupfen und -flecken werden nebeneinandergereiht, deshalb Auflösung der Umrisslinien und Ineinanderfliessen von Gegenstand und Hintergrund, pastosartiger Farbauftrag, die Leinwand ist an manchen Stellen ersichtlich, fast ungemischte Farben, helle Farbpalette, farbige Schatten (nicht unbunt), Darstellung von Lichtreflexionen, Farbperspektive (anstatt linearer Perspektive), angeschnittene Gegenstände (inspiriert von der Fotografie)

Inhalt: Insbesondere atmosphärische und lichtdurchflutete Landschaften, Stillleben, Portrait und Akt, aber teils auch Interieur und Genrebilder

Vertreter: Edouard Manet (1832-1883, Gruppenbildung nach Skandalbild "Frühstück im Freien"), Edgar Degas (1834-1917, scheinbar zufällige Bildausschnitte, arbeitet oft mit Pastell), Claude Monet (1840-1926), Auguste Renoir (1841-1919), Camille Pissarro (1830-1903), Paul Cézanne (1839-1906, Vorläufer des Kubismus durch geometrisch angepasste Formen), Henri Toulouse-Lautrec (1864-1901, Vorläufer des Jugendstils durch eine stilisierte und schwungvolle Linienführung), Paul Gauguin (1848-1903, später auch Symbolismus, Vorläufer des Expressionismus durch eine emotional aussagekräftige Farbwahl), Vincent van Gogh (1853-1890, Vorläufer des Expressionismus ebenfalls durch eine ausdrucksstarke Farbwahl und starken Duktus)

Édouard Manet - Le Déjeuner sur l'herbe.jpg

Edouard Manet 010.jpg

Claude Monet, Impression, soleil levant.jpg

Claude Monet - Meules, milieu du jour.jpg

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Frühstück im Freien,
1863
Manet
Monet in seinem Atelier,
1874
Manet
Impression soleil levant,
1872
Monet
Getreideschober (Serie)
1890/1891

Monet
Stillleben mit Äpfel und Orangen,
1895-1900
Cézanne

Pointillismus/ Neoimpressionismus (1890-1900)

Georges Seurat entwickelte durch optische Theorien von Eugène Chevreul und Herman Helmholz den Pointillismus (auch Neoimpressionismus oder in Bezug auf die technische Machart Divisionismus genannt). Durch eine dichte Aneinanderreichung von kleinen Farbtupfen sollten die Farben erst auf der Netzhaut des Auges gemischt werden (retinale Mischung / optische Mischung) und somit eine hohe Leuchtkraft bzw. Farbqualität aufweisen. Diese aufwändige und ausdauernde Arbeit erfolgte im Atelier, weshalb der Neoimpressionismus diesbezüglich wenig mit dem Impressionismus zu tun hat. Das Revolutionäre dieser Technik ist nicht etwa, wie erwartet, nur die Wirkung der Farbe, sondern das mit dem Resultat verbundene Auflösen und die Betonung geometrischer Formen im Bild. In dieser Hinsicht kann dem Neoimperssionismus eine Vorbereitung für den Kubismus und die Abstraktion bis zur Gegenstandslosigkeit zugesprochen werden.

Form: Punktartiger Duktus, geometriebetonte Gegenstände

Inhalt: Landschaften, Architekturen am Wasser, Figur und Akt

Vertreter: Georges Seurat (1859-1891), Paul Signac (1863-1935), z.T. Cuno Amiet (1868-1961)

A Sunday on La Grande Jatte, Georges Seurat, 1884.jpg

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Georges Seurat - Les Poseuses.jpg

Paul Signac Collioure.jpg

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Sonntagnachmittag auf der Insel "La Grande Jatte",
1886
Seurat
Studie zu
"Les posseuses"
1887
Seurat
Les posseuses,
1888
Seurat
La Callioure,
1887
Signac
Le petit déjeuner,
1886-87
Signac
 
 

Symbolismus (1890-1920)

Der Symbolismus war wie die Romantik eine Gegenbewegung auf die vernunftsbetonte Aufklärung und gegen die Banalität im Realismus und Impressionismus. Vorläufer des Symbolismus waren Goya und Runge. Das Symbol wurde zum wichtigen Ausdrucksmittel. In der Folge beeinflusste der Symbolismus Jugendstil und Surrealismus.

Form: Steigerung der Farbe, Vereinfachung der Form, jedoch kein gestalterischer Kanon im engeren Sinn

Inhalt: Antike Mythologie und biblische Motive, Visionen, Traumbilder, irrationale Themen, Unerklärliches, Leidenschaft, Krankheit, Tod, Sünde etc.

Vertreter: Arnold Böcklin (1827-1901, oft auch romantische Malerei), Giovanni Segantini (1858-1899, Hochgebirgsmalerei mit der Technik des Divisionismus/Pointillismus), Ferdinand Hodler (1853-1918, auch Jugendstil), Paul Gauguin (1848-1903), Emile Bernard (1868-1941), Edvard Munch (1863-1944), Franz von Stuck (1863-1928)

Ferdinand Hodler 005.jpg

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Arnold Boecklin - Island of the Dead, Third Version.JPG

Ave Maria bei der Überfahrt 1886.jpg

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Die Nacht,
1889-90
Hodler
Der Holzfäller,
1910
Hodler
Die Toteninsel (Version 3),
1883
Böcklin
Ave Maria bei der
Überfahrt,
1886
Segantini
Sisyphus,
1820
von Stuck
 
 

 

Jugendstil (1890-1906)

Der Jugendstil (abgeleitet von der Münchner Kunstzeitschrift "Jugend") ist eine internationale Gesamtbewegung (franz. Art Nouveau, engl. Modern Style) in Architektur, Gestaltung und Kunst. Er ist gegen die Massenanfertigung der Industrie sowie gegen den Historismus in der Malerei und gilt als Vormoderne. Mit sehr aufwendig dekorativen Elementen und meist teuren Einzelanfertigungen bleibt er nur wenigen zugänglich. Inspiriert vom Spätimpressionismus (insbesondere von Henri Toulouse-Lautrec) und unter anderem vom japanischen Holzschnitt gibt es trotz der Gesamtbewegung wie in jedem Stil auch hier regionale und individuelle Unterschiede.

Form: Stilisierung, lineare betonung mit oft flächigen und ornamentalen Elemente (z.B. aus Pflanzenmotiven), grafisch vereinfachte, dekorative Farb- und Formgebung, elegante, schwungvolle Konturen und Formen, hohe formale Kontraste z.B. zwischen grossflächig und kleinteilig, organisch und geometrisch, wirklichkeitsnahe und abstrakt

Inhalt: Illustrationen zu Märchen, Legenden und zeitgenössischer Literatur, Protrait, Landschaft

Vertreter: Alfons Mucha (1860-1939), Gustav Klimt (1862-1918), Aubrey Beardsley (1872-1898), teils Felix Vallotton (1865-1925), Künstlergemeinschaften: z.b. Wiener Secession

 

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Vallotton Das Bad Sommerabend 1892.jpg

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Die Apothese - Illustration zu Oscar Wildes "Salome"
1894
Beardsley
Das Bad
1892
Vallotton
Buchenhain
1902
Klimt
Der Kuss
1907-1908
Klimt
Poster für eine Ausstellung in Brooklyn
1921
Mucha