Dieser Beitrag zeigt die Kunstgeschichte der Malerei in der frühen Neuzeit (1420-1780) von Beginn der Renaissance bis in den Rokoko auf. (Übersicht und Hinweise zur gesamten Beitragsreihe: Geschichte der Malerei)
Renaissance (1420 bis 1600)
Renaissance bezeichnet die Stilepoche, welche nach der Gotik die Neuzeit einleitete und sich auf die Antike zurückbesann (franz. Renaissance = Wiedergeburt ...der Antike). Die Renaissance begann im wirtschaftlich überlegenen Italien bereits um 1420 und nördlich der Alpen um 1500, wo die Malerei noch eng mit der Kirche verbunden war, und der spätgotische Stil lange dominierte. Nach der Frührenaissance (1420-1490) und der relativ kurzen Spanne der Hochrenaissance (1490-1510) folgte die Spätrenaissance bzw. der Manierismus (1525 bis z.T. 1600).
Die Künstler strebten bis zur Hochrenaissance Schönheit durch Überschaubarkeit und harmonische Ausgewogenheit an, was sie in antiken Vorbildern und in der Natur wiederfanden. Insbesondere galt der Mensch als Mass aller Dinge (vgl. vitruvianischer Mensch von Da Vinci). Naturstudien wurden wichtig, Antike Gebäude vermessen, Schriften studiert (z.B. des römischen Baumeisters Vitruv) und Regeln wie Harmonie- oder Perspektivenlehren abgeleitet (goldener Schnitt, Zentralperspektive etc.). Kunst verstand sich als eine Art exakter Naturwissenschaft (Da Vinci) und dessen Resultate als Grundlage intellektueller und moralischer Bildung.
Es entwickelte sich die Idee des künstlerischen Genies (=angeborene und unübertragbare Schöpfergabe, Gottähnlichkeit). Manche Künstler wandten sich nebst Malerei, Architektur, Bildhauerei den Naturwissenschaften wie Geometrie, Anatomie, Kriegskunst und dergleichen zu (Universalgenie). Nebst den Kunstwerken wurden nun auch die Künstler verehrt. Diese gerieten in einen besonderen Stand, gewannen an Ansehen und immer mehr Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein. Sie wurden von Mäzenen finanziell gefördert. Der künstlerische Wettstreit wurde angespornt. Kunst wurde nicht nur in Auftrag gegeben, sondern nun vermehrt auch gesammelt (z.B. florentinische Familie Medici).
Frührenaissance (1420 bis 1490)
Form: Ein Bild verstand sich als Blick durch ein Fenster (Illusion). Nachahmung der sichtbaren Wirklichkeit führt zu einer einheitlichen, wirklichkeitsnahen Raumdarstellung und zu anatomisch korrekt dargestellten Figuren. Präzise Lichtführung wurde durch plausible Modellierung mit Licht und Schatten erschaffen (Plastizität). Staffelung von Figuren- und Gegenstandsgruppen (Vorder-, Mittel- und Hintergrund). Überschaubarer und symmetrischer Bildaufbau (Kreis, Dreieck, Viereck). Erfassung der dargestellten Menschen in ihrer Persönlichkeit.
Inhalt: Religiöse und mythologische (antike Sagenwelt) Themen, Historisches (z.B. Schlachtenbilder), Allegorien (Sinnbilder), Portraits, Studien der Natur, Architektur und Figur, Akt und Landschaft erstmals wieder seit der Antike aufgenommen.
Technik: Fresko, Mosaik, neben dem Tafelbild setzt sich nun auch das Leinwandbild durch (leichter und beständiger bei Raumklimaeinflüssen), Tempera- und definitiver Durchbruch der Ölmalerei, neu Druckgrafik (Holzschnitt, Kupferstich), Zeichnungen (Silberstift-, Rötel- und Federzeichnung) neu als wertvolles, autonomes Werk.
Vertreter: In Italien - Masaccio (1401-1428): erste planmässig angewandte Zentralperspektive, exakte Lichtführung. Piero della Francesca (um 1420-1492): harmonische Einbindung präzis portraitierter Figuren in den Raum, erste farblich wirklichkeitsnahe Abstufung der Landschaft im Hintergrund). Andrea Mantegna (1431-1506): vollendeter Einsatz der Zentralperspektive, teils Froschperspektive. Sandro Botticelli (1444-1510): schwungvolle Silhouetten- und Zierformen zu Gunsten der Wirklichkeitsnähe. Nördlich der Alpen an der Schwelle zur Neuzeit - Jan Van Eyck (1390-1441, eigentlich noch ars nova): leitete die naturalistische Malerei nördlich der Alpen ein, Erfahrungsperspektive (aus Beobachtung angewandte Zentralperspektive), feine Farbabstufungen durch die Benutzung von Ölfarben.
Dreifaltigkeit 1427 Masaccio |
Arnolfini- Hochzeit, 1434 Van Eyck (Website of National Gallery, London) |
Montefeltro mit Gattin, 1472 Piero della Francesca |
Beweinung Christi, 1490 Mantegna |
Geburt der Venus, 1485 Botticelli |
Hochrenaissance (1490 bis 1510)
Form: Wie vorher, jedoch stärkere Idealisierung der Form, Farbe und Komposition, Farb- und Luftperspektive (mit Sfumato) werden ausgearbeitet.
Inhalt: Reine Landschaftsmalerei, viele Selbstportraits (widerspiegelt das künstlerische Selbstbewusstsein), vermehrt mythologische Themen. Im Süden: Herrlichkeit des Menschen als vernünftiges Geschöpf. Im Norden: Dunkles und Unerklärliches im Leben des närrischen oder leidenden Menschen.
Technik: Verfeinerung
Vertreter: In Italien - Leonardo Da Vinci (1452-1519): Maler, Zeichner, Architekt, Anatome, Ingenieur, Wissenschaftler, Erfinder des Sfumato, "Beschmutzt die Farben!". Michelangelo Buonarroti (1475-1564): Bildhauer, Architekt und "Maler wider Willen". Tizian (1476/77-1576): gefragter Portraitist, Malerei mit bis zu 40 Farbschichten. Raffael Santi (1483-1520) stark symmetriebetonte Komposition (Dreieck, Kreis, Quadrat); Nördlich der Alpen - Albrecht Dürer (1471-1528): Maler von grossartigen Selbstportraits und Portraits, macht Zeichnungen und Aquarelle zu eigenständigen Kunstgattungen, virtuoser Druckgraphiker. Albrecht Altdorfer (1480-1538): Meister der Donauschule, die sich mit Licht und farbigen, athmosphärischen Erscheinungen auseinandersetzt, erste reine Landschaftsmalerei. Hieronymus Bosch (um 1450-1516): an der Schwelle zur Neuzeit, weiträumig unabhängiger Stil, da er keiner Schule angehörte, Figuren illustrieren oft Redewendungen in fantastisch-surrealen Szenen, Werke zur Belehrung und Unterhaltung eines höfischen Publikums, sowohl gotische wie auch bereits manieristische Aspekte.
Abendmahl, 1495-97 da Vinci |
Mona Lisa, 1503-05 da Vinci |
Sixtina-Erschaffung Adams, 1508-12 Michelangelo |
Schule von Athen, 1510-11 Raffael |
Die schöne Gärtnerin, 1507/08 Raffael |
Spätrenaissance bzw. Manierismus (1525 bis z.T. 1600)
In der Spätrenaissance entwickelte sich der Manierismus, eine scheinbar "experimentelle" Phase, in der die verbindlichen Harmonie-Ideale zu Gunsten der Maniera (Eigenart, Originalität) des Künstlers aufgegeben wurden. Durch Verzerrungen, Lichtspielereien, Übertreibungen und spannungsvolle Gegensätze versuchten sich wahrscheinlich die Künstler von den Kunstschulen und ihren akademisch einfach erlernbaren Regeln der Renaissance abzusetzen. Kunst und Natur sind nicht mehr miteinander verbunden (eigensinnige Kreativität - anstatt Natürlichkeit). Manierismus kann man auch als Frühbarock bezeichnen.
Form: Übertrieben gedrehte Figuren und gestreckte Proportionen. Figuren eher gross im nahen Mittelgrund. Theatralische Farb- und Lichteffekte. Extreme Kontraste. Unnatürliche, widersprüchliche, "überkreative" Bildlösungen.
Inhalt und Technik: Keine wesentliche Veränderungen
Vertreter: In Italien - Parmigianino (1503-1540): elegante, langestreckte Figuren. Jacopo Tintoretto (1518-1594): übertriebene perspektivische Verkürzungen, spezielles Licht. Agnolo Bronzino (1503-1572). Michelangelo Buonarroti (1475-1564): Spätwerk (z.B. das "Jüngste Gericht" der Sixtina). In Spanien - El Greco (1541-1614): überlange Figuren mit fakelähnlichem Licht. In Niederlande - Pieter Brueghel der Ältere (um 1530-1569): hoher Betrachtungsstandpunkt mit weitem Überblick in jahreszeitbetonten Landschaftsbildern. In Deutschland - Mathias Grünewald (um 1460/70-1528): bringt Gegenstände durch Formverschränkungen und Richtungsangleichungen in spannungsvolle Einheit.
Madonna mit langem Hals, 1534-40 Parmigianino |
Auffindung der Leiche des Hl. Markus, 1526 Tintoretto |
Laokoon, 1604-16 El Greco |
Abendmahl, 1596 El Greco |
Isenheimer Altar- Kreuzigung, 1512-16 Grünewald |
Barock (etwa 1550 bis 1780)
Der Barock (portug. "barocco" = schief, unregelmässig) entwickelte sich in Italien bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jh. und verbreitete sich in ganz Europa, was durch die Kolonialisation der Spanier und Portugiesen sogar bis nach Amerika gelangte. Entsprechend der regionalen politisch-gesellschaftlichen Formen der europäischen Nationen mit einer unterschiedlichen Auftraggeberschaft war der Barock keine homogene Erscheinung. So verfolgte z.B. der kirchliche Barock in Italien, der höfische Barock in Frankreich oder Spanien andere Ziele als der bürgerliche Barock im protestantischen Holland, was in der Malerei zum Ausdruck kommt.
Allen war aber die Vergänglichkeit der Dinge (Vanitas = Nichtigkeit, irdische Vergänglichkeit, Eitelkeit) und die Scheinhaftigkeit der Welt (Sein und Schein) bewusst. Das barocke Lebensgefühl war von einer Polarität bestimmt: von Sinneslust bzw. Lebensgier (Carpe Diem = nutze den Tag) und Todesnähe (memento mori = Gedenke des Todes). So weisen insbesondere Bilder im Hochbarock auch formal hohe Kontraste auf (Leben-Tod, Gross-Klein, Licht-Schatten, Glück-Unglück). Dies wird oft in einem thearterartigen Weltausschnitt inszeniert, was sich z.B. in Nebenszenen, Gegenständen mit starker Symbolkraft und Bild-in-Bild-Themen ausdrückt.
Die Kunst im Barock wendet sich an die Gefühle und Fantasie und versucht weniger wie zur Zeit der Renaissance durch Vernunft und Ordnung zu überzeugen, sondern sinnlich zu erfreuen, zu täuschen, deftig zu repräsentieren. Nicht nur an üppigen Frauen fand man Geschmack, auch überfüllte und unüberschaubare Kunstwerke entsprachen dem Zeitgeist. Ein kraftvoller und dynamischer Realismus setzte die idealisierten Formen der Hochrenaissance und die Übertreibungen des Manierismus ab.
Der Barock lässt sich in Früh- (z.T. ab 1550), Hoch- (ganzes 17. Jh.) und Spätbarock bzw. Rokoko (1730 bis 1780) unterteilen. Zur Übersicht macht es jedoch Sinn, die unterschiedlichen regionalen Ausprägungen aufzuzeigen. Lediglich Rokoko wird hier einzeln behandelt.
Technik allgemein: Die bestehenden Mal- und Zeichnungstechniken werden weiter gepflegt. Die Ölmalerei löst die Temperamalerei fast ab. Druckgrafik wird durch die Kaltnadelradierung, Ätzradierung und Schabkunst erweitert.
Barock in Italien
Form: Illusionistische Wirkung (Trompe-l'oeil) wird ausgereizt, insbesondere Wand- und Deckenfresken in Kirchen zur Raumerweiterung, wie zur römischen Antike. Starke distanzierte Wirklichkeitsnähe, tastbare Erscheinung der Materialien, greifbar nahe Gegenstände im Vordergrund (Repoussoir). Bildränder beschneiden oft die Motive, hohe Dramatik durch starke und partielle Lichtführung (jedoch nicht flackernd, wie im Manierismus), kontrastreiche Hell-Dunkel-Malweise, offene, ineinander fliessende Formen, Verbindung heller und dunkler Massen, Modellierung der Figuren durch dunklen Hintergrund, kraftvolle, pathetische Gebärdensprache bei den Figuren, Personen im Augenblick des Handelns, dramatische Höhepunkte.
Inhalt: Religiöse und mythologische Szenen, Märtyrerbilder, später (d.h. in der Nachfolge Caravaggios) auch Portraits und Menschen bei alltäglicher Arbeit und Vergnügen, Volksszenen, Veduten (wirklichkeitsnahe Darstellungen exisitierenden Städte und Landschaften).
Vertreter: Michelangelo Caravaggio (1573-1610): alltägliche Szenen, scharf herausgearbeiteter Gesichtsausdruck, kontrastbetonte Lichtführung. Giovanni Battista Gaulli (1639-1709): beim Deckenfresko in der Kirche il Gesu in Rom scheint die Malerei mit der Architektur zu verschmelzen. Guido Reni (1575-1642). Andrea Pozzo (1642-1709): ebenfalls Deckenfresken, bekannt für seine Trompe-l'oeil-Kuppelfresken.
Johannes der Täufer, 1597 Caravaggio |
Berufung des Hl. Mathäus, 1600 Caravaggio |
David mit dem Kopf Goliaths, 1606 Reni |
Apothese des Hl. Ignatius in Ignatiuskirche Rom, 1691-94 Pozzo |
Trompe-l'oeil-Kuppel in Jesuitenkirche Wien, 1703 Pozzo (CC by 2.5 Alberto Fernandez ) |
Barock in Frankreich
In Frankreich orientieren sich Maler (und Baumeister) stärker an der hellenistisch-römischen Antike und der Renaissance als in Italien (deshalb auch der Begriff Barockklassizismus). Anstreben von Klarheit und Würde.
Form: Komposition und Form scheinen teils fast wichtiger als die Farbe. Es herrscht Einfachheit, Überschaubarkeit, symmetrischer Bildaufbau, ruhige atmosphärische Stimmung anstatt barocke Diagonale und dynamsche Dramatik.
Inhalt: Landschaften mit biblischen und mythologischen Szenen, Gruppenbilder mit einfachen Menschen.
Vertreter: Georges de la Tour (1593-1652): oft eine bescheidene Lichtquelle im Bild, überschaubare Figurenanordnung mit einfacher Handlung. Nicolas Poussin (1593-1665): Landschaften, mythologische oder alttestamentarische Figuren. Claude Lorrain (1600-1682): Ideale Landschaften, "vollkommener" als das Naturvorbild, atmosphärische Stimmung mit Gegenlicht und Reflexen im Wasser, Fantasiearchitekturen an den Bildrändern wie Tempel und Paläste und relativ klein erscheinende Figuren, die auf mythologische oder biblische Szenen verweisen.
Neugeborene, 1645 de La Tour |
Büssende Magdalena, 1625 de La Tour |
Anbetung d. Hl. Kalbs, 1633-37 Poussin |
Hafen beim Sonnenuntergang, 1649 Lorrain |
Verstossung der Hagar, 1668 Lorrain |
Barock in Spanien
Auftraggeber sind vorwiegend die Kirche und der königliche Hof, was den Inhalt aber nicht die Form dekliniert.
Form: Nebst der Hell-Dunkel-Gestaltung und dem Spiel mit Kontrasten ist eine gemeinsame Charakterisierung schwierig.
Inhalt: Portrait, Gruppenbild, Heiligendarstellungen, Stillleben, Historienmalerei.
Vertreter: Diego Velasquez (1599-1660): Hofmaler Philipp I malt des Amtes wegen Mitglieder der königlichen Familie und andere profane Bildthemen. Francisco de Zurbaran (1598-1664): Heiligendarstellungen und Stillleben. Bartolome Esteban Murillo (1618-1682): metaphorische Strassenszenen bis religiöse Bilder.
Las Meninas, 1656-57 Velázquez |
Herzog von Olivar, 1632 Velázquez |
Wasserverkäufer von Sevillia, 1622 Velázquez |
Büssender Hl. Franziskus, 1639 Zurbarán |
Die Kuchenesser, 1665-75 Murillo |
Barock in Flandern (ehem. Provinz NL, heutiges Belglien)
Da Flandern unter spanisch-habsburgischer Herrschaft stand und somit nicht protestantisch war, galten im Gegensatz zu den benachbarten nördlichen Gebieten weiterhin Adlige und Geistliche als wichtigste Auftraggeber.
Form: Prunkvoll, kraftvoll und dynamisch. Zum Hell-Dunkel teils auch perlmuttartiger Schein.
Inhalt: Weltliche und religiöse Themen, unter anderem Altar- und Andachtsbilder (Bild zur geistlichen Sammlung). Repräsentative Darstellung für fürstliche Residenzen.
Vertreter: Paul Peter Rubens (1577-1640): idealtypischer und wohl bekanntester Barockmaler, mythologische Darstellungen mit Mensch und Tier in dramatischer Verflechtung, Landschaften mit motivgebenden Gegensätzen, gut durchdachte, meist diagonale Kompositionsschemen, viel Bewegung, schwierige perspektivische Verkürzungen, detailreiche Motive, dramatische Hell-Dunkel-Malerei. Jacob Jordaens (1593-1678): Genremalerei. Anthonis Van Dyck (1599-1641): v.a. bekannt für Portraits als Hofmaler Karls I in London.
Höllensturz der Verdammten, 1618-20 Rubens |
Raub der Töchter des Leukippos, 1618-20 Rubens |
Toilette der Venus, 1612-15 Rubens |
Lord John Stuart und sein Bruder Lord Bernard Stuart, um 1638 Anthonis van Dyck |
Satyr beim Bauer, um 1620/21 Jacob Jordaens |
Barock in Holland
In den nördlich benachbarten Provinzen der Niederlande erteilt die bilderfeindliche calvinistische Kirche keine Aufräge mehr. Die wachsende Kaufkraft der Bürger ermöglicht eine neue Orientierung des Kunstmarktes, wodurch ein bürgerlich geprägter Barock entstand. Die Nachfrage der Bürger liegt besonders bei kleinformatigen Bilder mit hoher traditionellen Kunstfertigkeit und bis anhin eher beiläufig behandelten Bildthemen, was bei den Künstlern zu einem harten Wettbewerb führt. Der freie Kunstmarkt, mit immer mehr Kunsthändlern, gilt als Anfang moderner Kunstproduktion.
Form: Hohe technische Fertigkeit zeigt zarte Tönungen, feines Hell-Dunkel etc.
Inhalt: Natur und dingliche Welt finden besondere Beachtung, Landschaftsbild (inkl. Seestück). Stillleben: harmonische Komposition erscheint zufällig, gedankliche Inhalte werden mit z.B. verwelkenden Blumen, Spiegel oder Münzen als Symbol für Vergänglichkeit und Eitelkeit eingebunden. Interieurbild: Portrait des privatern Wohnbereiches, Figuren unterstützen den Raum, sind aber zweitrangig. Portrait und Gruppenbild (von Zünften und anderen selbstbewussten Gruppierungen, auch grossformatig). Genrebild: volkstümlisches Alltagsleben, Bräuche und Sitten verschiedener Stände.
Vertreter: Frans Hals (1585-1666): Portraits in Primamalerei mit schnellen Pinselstrichen. Rembrandt van Rijn (1606-1669): viel Druckgrafik, Übergang von Öllasur zu pastoser Strichführung und Entfremdung der Farben. Jan Vermeer (1632-1675): Lichteinsatz wie in der Freilichtmalerei, keine Grautöne, Randunschärfen anscheinend vom Vorgehen mit der Camera Obscura. Pieter Claesz (1597-1661) und Willem Claeszoon Heda (1594-1670): bekannte Stilllebenmaler.
Sitzender Mann mit schrägem Hut, 1665 Hals |
Anatomiestunde des Dr. Tulp, 1634 Rembrandt |
Ansicht von Delft, 1660 Vermeer |
Allegorie an die Malerei, 1666 Vermeer |
Stillleben, 1634 Heda |
Rokoko (1730 bis 1780)
Rokoko (franz. "rocaille" = Muschelwerk) ist keine eigene Epoche sondern bezeichnet die Weiterentwicklung barocker Formen in leichter und gezierter Erscheinung. Eine positives Entgegentreten auf das diesseitige Leben kommt zum Ausdruck.
Form: Figuren erscheinen leicht in der Landschaft eingebunden, sinnesfreudiger Einsatz heller und schillernder, pastellartiger Farben (blau, silber, gelb, rosa), asymmetrisch geschwungene Formen, teils Ornamente.
Inhalt: Träumerisch melancholisch bis heiter galante Themen, neben den bekannten Motiven erhalten höfische Gesellschaft und insbesondere laszive (erotische bis leicht anstössige) Aktdarstellungen und Liebesszenen mehr Aufmerksamkeit.
Vertreter: In Frankreich - Jean Antoine Watteau (1684-1721), Jean Siméon Chardin (1699-1779), François Boucher (1703-1770). In Italien - Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770), Francesco Guardi (1712-1793), Canaletto (1697-1768). In England - Thomas Gainsborough (1727-1788).
Pierrot (Gilles), 1718-19 Watteau |
Einschiffung nach Kythera 1720 Watteau |
Ruhendes Mädchen, 1752 Boucher |
La Piazetta, 1730-50 Canaletto |
Selbstportrait mit Frau, 1760 Gainsborough (CC0) |