Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Stilrichtungen und -strömungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Ab 1945 (aber auch schon vorher) verschwinden die einheitlichen und klar abgrenzbaren Stile jedoch zusehends. Damit stösst die traditionelle Lehre der Kunstgeschichte an ihre Grenzen. Unten aufgelistet ist eine Auswahl der noch einigermassen klar differenzierbaren Stilströmungen. Diese sind jedoch wiederum in keiner Weise homogen, sondern weisen je nach Ort oder Künstler ganz individuelle Ausprägungen auf.

Eine Bemerkung zum Artikel. Es sind keine einzelnen Bilder zu sehen, da unter anderem ein Grossteil der Werke dieser Zeit urheberrechtlich geschützt ist. Hinweise zur gesamten Beitragsreihe siehe: Geschichte der Malerei.

Abstrakter Expressionismus (ab ca. 1945)

Der abstrakte Expressionismus hat seine Wurzeln in den Malereien des Konstruktivismus bzw. Suprematismus (z.B. Mondrian & Malewitsch) und bezeichnet einen frei gesetzten Ausdruck, der auf Gegenständlichkeit meist verzichtet. Da die Nationalsozialisten & Faschisten eine Blut und Boden Kunst bevorzugten, welche sich durch die Darstellung idealisierte Menschenfiguren auszeichnete, wandten sich die Maler nach 1945 der ungegenständlichen und expressiven Malerei zu. Die Bilder distanzierten sich vehement von den propagandistischen faschistischen Werken indem sie dem Betrachter diffuse und emotionale Erfahrungen ermöglichen sollten. Besonders die während des Krieges nach Amerika emigrierten Künstler förderten eine Kunst, welche auf Idealisierung und Propaganda zu verzichten suchte. Innerhalb der Kunstströmung des abstrakten Expressionismus gibt es eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Bewegungen. 

Beim Action Painting steht der Entstehungsprozess (action) im Zentrum. Die Bilder sind als Spuren des Malvorganges zu verstehen. Der Pinsel als traditionelles Werkzeug der Malerei verschwindet. Die Leinwand wird teilweise auf den Boden gelegt, um dann die Farbe von Hand, mit Schwämmen oder anderen Utensilien aufzutragen.

Die Farbfeldmalerei zeichnet sich durch unscharfe Farbflächen aus, welche einem kompositorischen und/oder emotionalen Raster folgen. Themen wie: Tragödie, Ekstase oder Melancholie sollen so dem Publikum unmittelbar erfahrbar gemacht werden. 

Die Hard-Edge Malerei zeichnet sich wie ihr Name schon vermuten lässt, durch klare Trennlinien zwischen den einzelnen Farbfelder aus. Genau wie bei der Farbfeldmalerei sollen die meist übergrossen Formate beim Publikum grosse immersive Reaktionen hervorrufen.

Im Begriff Tachismus ist das französische Wort "la tach", was soviel wie "der Fleck" bedeutet, enthalten. Der Tachismus ist die europäische Spielart des abstrakten Expressionismus. Im Gegensatz zur Farbfeldmalerei und der Hard-Edge-Malerei zeichnet sich der Tachismus nicht durch klar nebeneinander gesetzte Farbflächen aus die mehr oder weniger scharf voneinander getrennt werden. Flächen, Linien und Strukturen bilden ein vielschichtiges Netz.

Inhalt: Darstellung emotionaler abstrakter Gefühlslandschaften.

Form: Action Painting: lebendig wirkende Linien und Flecken. Die Farbe wird auf die Leinwand geschleudert, geträufelt, getropft oder gemalt. Farbfeldmalerei: diffuse grosse Farbfelder mit unscharfen Kanten. Hard-Edge: geometrische Farbflächen, harte Kanten, teilweise mathematisch errechnet, konstruktiver Charakter. Tachismus: fleckenartiger Duktus, teilweise erkennbare Pinselstriche, Abstraktion von Gegenständen.

Vertreter: Action Painting: Jackson Pollock (1912-1956), Farbfeldmalerei: Mark Rothko (1903-1970), Hard-Edge: Barnett Newman (1905-1970), Tachismus: Wols (1913-1951). Weitere Maler: Clyfford Still (1904-1980), Willem de Kooning (1904-1997), Josef Albers (1888-1976), Max Bill (1908-1994).

 

Op-Art (ab ca. 1955)

Op-Art ist die Abkürzung für "Optical Art". Die Vertreter dieser Kunstströmung machen sich die Trägheit der Menschlichen Sehreaktion zunutze und arbeiten mit optischen Täuschungen. Sie haben großen Einfluss auf das zeitgenössische Design (Mode, Tapeten usw.). Heute hat die Op-Art kaum mehr Bedeutung und steht vorwiegend im Dienst anderer Kunst und Designrichtungen.

Inhalt: illusionistische Wirkung auf den Betrachter, optische Täuschung.

Form: Geometrische Muster, Farbabstufungen, Rhythmisierung von Linien und Flächen, paradoxe Bildkonstruktionen, Spiel mit visuellen Effekten, Nachbilder, simultane Farbwirkung, Spiegelungen.

Vertreter: Victor Vaserely (*1908), Bridget Riley (*1931).

 

Pop-Art (ab ca. 1960)

Die Herkunft des Wortes "Pop" für die Bezeichnung dieser Strömung ist nicht klar. Eventuelle verweist der Begriff "pop" auf popular. Eine Andere Theorie verweist auf ein ikonisches Bild von Richard Hamilton, das dieser Strömung ihren Namen gab. Die Popart ist eine Reaktion auf den abstrakten Expressionismus. Dieser verkam in den Augen der Popartkünstler zu einer Kunst der elitären Schichten, die in der Kunst besonders eine Wertanlage sahen. Die Inhalte des abstrakten Expressionismus seien zu intellektuell und bieten dem Betrachter wenig Halt. Der normale Bürger konnte nichts mit der Kunst des abstrakten Expressionismus anfangen. Es musst wieder ein Bezug zwischen Kultur und Leben stattfinden. So war das Interesse am Alltag und des Massenkonsums mit all seinen Produkten und Motiven (Werbung, Fernsehen, Gebrauchsobjekte, Comics und Konsumgüter) das wesentlichen Gestaltungsmittel der Pop-Art.

Inhalt: Zeitgeschehen, Alltags- und Konsumästhetik (der Alltag wird zur Kunst), Überwindung der Diskrepanz von Leben und Kunst.

Form: Serien (mehrere Bilder zu einem Thema) und Reproduzierbarkeit (Drucke), leuchtend bunte Farbzusammenstellungen, grosse Formate, stilisierte Bildmotive, Rasterpunkte (Roy Lichtenstein), an der Werbung orientierte Ästhetik (sowohl inhaltlich als auch formal), Collagen (Klebebild), Assemblage (Zusammenfügen verschiedener Objekte und Bilder), Environment (Dreidimensionale Gestaltung aus Raum, Plastiken, Dingen und dergleichen).

Vertreter: Andy Warhol (1928-89), Roy Lichtenstein (1923-1997), Robert Rauschenberg (1925-2008), Jasper Johns (*1930), Claes Oldenburg (*1929).