Dieser Auftrag thematisiert die Kunstfotografie der vorletzten Jahrhundertwende und versucht diese mit einem Augenzwinkern neu anzuwenden. Der Auftrag spielt mit einem offensichtlichen Widerspruch: Gesucht wird die piktorale Verklärung eines möglichst unmalerischen Motives. (6SF)

Ziele

  • Auseinandersetzung zum dem Thema Bildhaftigkeit
  • Auseinandersetzung mit der frühen Kunstfotografie und jener um 1900
  • Übung in Fotopraxis und Bildbearbeitung

Vorkenntnisse

Erste praktische Kenntnisse der Fotografie und Bildbearbeitung sowie Bildbetrachtung mit Diskussion zu:

  • Kunstfotografen der ersten Generation: z.B. Le Gray; Die grosse Welle (Combination Print), Rejlander; Die Zwei Lebenswege (Fotomontage aus 30 Negativen), Robinson; Dahinwelken (Bildkomposition z.B. Raffaels)
  • Kunstfotografen um 1900: z.B. Damachy, Steichen, Watzek, Kühn (Bezug auf Emersons Prinzip der Unschärfe für moderne Fotografen, Beobachtung von Licht-Schatten, Komposition, Negativ als "Skizze", Edeldruckverfahren)

 

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Gustave Le Gray: Die grosse Welle (1857)
Oscar Rejlander: Die zwei Lebenswege (1857)
Frank Eugene: Adam und Eva (1898)
Robert Demachy: Hinter der Kulisse (1904)

Auftrag

Die Fotografie kämpfte seit Beginn ihrer Entdeckung über ein halbes Jahrhundert bis Anfang des 20. Jh. um den Rang eines künstlerischen Mediums. Dabei versuchten Fotografen der ersten Generation und die späteren Amateurfotografen der Kunstfotografie um 1900 (des Piktoralismus) gewisse Aspekte der Malerei nachzuahmen, um "malerische Bildhaftigkeit" und somit einen Kunststatus zu erlangen.

Nun sollen auch Sie ganz bewusst die malerischen Möglichkeit mit der Fotografie ausloten: Versuchen Sie fotografisch "malerische Bildhaftigkeit" zu erlangen. Nutzen Sie die Gestaltungsmittel der besprochenen Fotografien. Achten Sie insbesondere auf Licht, Komposition, Farbwerte, Textur etc. Ergründen Sie allenfalls weitere Aspekte malerischer Bildhaftigkeit in Werken der Hochrenaissance, des Barocks und des Impressionismus. Inhaltlich sollen Sie aber ein Motiv wählen, das sich möglichst weit weg von jeglicher Bildhaftigkeit befindet!

Technisch sind alle fotografischen Möglichkeiten und die der Bildnachbearbeitung (digital und insbesondere analog) erlaubt. Das wertvolle, analoge, veredelte Resultat soll ungefähr in der Grösse von DIN-A4 vorliegen, z.B. ein auf Kartongrund aufgezogener Papierausdruck, und ganz im Sinne der Piktoralisten als Unikat oder als kleine Auflage behandelt werden. Hierzu eignet sich besonders die experimentelle Erarbeitung einer eigenen technischen Umsetzung.

Abschliessend könnte man den Auftrag folgendermassen zusammenfassen: Verklären Sie durch ästhetische und technische Möglichkeiten ein möglichst unmalerisches Motiv!

Kriterien

  • gestalterische Umsetzung ist "malerisch" verklärt
  • technische Umsetzung entspricht im Sinn der Piktoralisten
  • Gesamteindruck (inkl. Umgang mit dem Motiv gemäss Auftrag)

Vorgaben/Material

  • digitaler Fotoapparat und nach eigenem Ermessen Requisiten, Lampen, Stativ etc.
  • Computer mit Pixelbildbearbeitungsprogramm und einem Drucker (für experimentelles Drucken mit ungewohnten Papieren oder anderen Bildträgern sei ein alter Inkjetdrucker empfohlen)
  • analoges Bildbearbeitungsmaterial (Farbstifte, Kreide, Schleifpapier, Bindemittel, Malfirnis, Zusatzstoffe, verschiedene Papiere und andere Bildträger etc. Siehe hierzu den Beitrag Malmittel)