In diesem Auftrag beschäftigst du dich zeichnerisch mit der Fluchtpunktdarstellung in der subjektiven Perspektive. Du begehst einen Raum, den du selbst zeichnest und in dem du "sein" kannst. 

Ziele

  • Das perspektivische Zeichenverständnis soll hier überprüft werden
  • Das dreidimensionale Vostellungsvermögen soll gestärkt werden (die "virtuelle Kamera im Kopf")
  • Philosophische Auseinadersetzung mit Perspektive, Realität und Virtualität

Vorübungen/Vorkenntnisse

  • Zeichenpraxis von mindestens: Innen- und Aussenräume in Einpunktperspektive (Zentralperspektive), Aussenräume in Zweipunktperspektive (Übereckperspektive), Vogel-, Normal- und Froschperspektive (also die Variation der Horizonthöhe) sowie additivem und subtraktiven Konstruieren (von einem kubischen Objekt ausgehend)
  • Weiter sind spezifisch für diesen Auftrag Vorübungen mit Standort und Perspektivenwechsel hilfreich (siehe z.B. nachfolgende Übung "4 Standpunkte und 1 Objekt")
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In der Vorübung "4 Standpunkte und 1 Objekt" werden auf einem gefalteten A3-Blatt verschiedene Standpunkte mit Blick auf dasselbe Objekt von vorne und hinten sowie von aussen und im Innern visualisiert

Auftrag

René Decartes war ein französischer Philosoph und lebte zur Barockzeit. Die Grundlage seiner Metaphysik bildet sein erster Grundsatz "cogito ergo sum" - Ich denke, also bin ich. In diesem Auftrag wird Decartes' Grundsatz als Hypothese auf eine scheinbar physische Ebene heruntergebrochen: "foras excedo ergo sum" - Ich gehe hinaus, also bin ich. Dies würde etwa erklären, weshalb die Menschen täglich aufstehen. Weshalb sie zur Arbeit gehen oder sogar in der Freizeit noch den Drang zum Reisen verspüren: um zu "sein". Auf der anderen Seite werden Menschen inhaftiert - um ihr Sein zu nehmen. Und wie ist das in der virtuellen Welt? Zum Beispiel in einem Rollenspiel mit konfigurierbarem Avatar oder in einem Ego-Shooter-Game? "Ist" man dort auch?

Visualisiere über mehrere Bilder eine kontinuierlichen Gang, d.h. eine Bewegungsart eines Menschen oder eines Tieres, aus deren subjektiven Perspektive. Auf einem grossen Blatt hast du die Möglichkeit etwa wie in einem Comic mindestens vier bis acht sogenannte Panels (das sind Einzelbild einer Sequenz) ohne all zu starrem Raster aneinanderzufügen und somit eine kontinuierliche Bewegung darzustellen. Starte im ersten Panel von einem Innenraum mit einer Öffnung und bewege dich anschliessend durch diese Öffnung in den Aussenraum. Dabei soll nicht der Mensch bzw. das Tier direkt sichtbar sein, sondern nur sein Gesichtsfeld, also die subjektive Perspektive. Vielleicht lässt sich durch diesen Blick sogar nachvollziehen, um wen es sich handelt? Nutze für diese Freihandzeichnungen die Technik der Punktperspektive, die du im Vorfeld geübt hast und in diesem Auftrag unter Beweis stellen sollst. Damit du den Raum zeichnerisch bewältigen kannst, solltest du von einem kubischen Innen- und Aussenraum ausgehen, den du subtraktiv oder additiv anpassen kannst. Um den Raum an schwierigen Stellen zu klären, darfst du Ansatzweise mit Schraffuren arbeiten, wobei die Zeichnungen hauptsächlich linear aufgebaut werden und eine Modellierung insbesondere durch den linearen Stricheinsatz entstehen soll.

Zeige deine Arbeit deinen Kollegen. Können sie erkennen, welchen Weg du genommen hast? Oder können sie vielleicht sogar erraten, wer oder was du bist?

Kriterien

  • Korrekte Fluchtpunktperspektiven und Konstruktionen unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrads
  • Stricheinsatz und Schraffuren (Modellierung durch Raumlinien, Hilfslinien im Hintergrund)
  • Kontinuierlicher und nachvollziehbarer Gang, der einen Überblick über den entworfenen Aussenraum gibt
  • Gesamteindruck (Idee/ Phantasie, Variation, Komposition der Panels...)